Und plötzlich geht es nicht mehr – Burnout beim Pferd

Monotone und stressige Tage sind nichts, was zum Dauerzustand werden sollte. Besteht der Alltag des Pferdes jedoch zumeist nur aus Fütterung, Training und wieder in den Stall und das immer und immer wieder, hat dies Folgen für das Pferd: Die andauernde Überforderung kann krank machen. Sie fühlen sich ausgebrannt und die Seele des Pferdes gerät aus dem Gleichgewicht. Burnout ist keinesfalls ein Zustand, den es nur beim Menschen gibt und kann schwerwiegende Folgen für die Beziehung zwischen Mensch und Pferd haben, vor allem aber für die Gesundheit des Tieres selbst.

Das Pferd durchläuft beim ,,Burnout‘‘ im Regelfall mehrere Phasen:

Phase der Stagnation und des Stillstandes  

Die Kommunikation zwischen Mensch und Pferd ist gestört. Dem Besitzer ist die Situation noch nicht bewusst und versucht möglicherweise dem Pferd mit Druck und Zwang die Leistung abzuverlangen, wodurch das Stress-Level des Pferdes weiter ansteigt. Die Werte des ,,Stress-Hormons‘‘ Kortisol steigen ebenfalls. Es ist so weit. Zu der psychischen Belastung kommt nun auch die physische Belastung hinzu. Eine langfristige Ausschüttung von Kortisol hat eine Schwächung des Immunsystems zur Folge und das Pferd ist zusätzlich für andere Krankheiten angreifbarer. Erste Verhaltensauffälligkeiten werden sichtbar: das Pferd zeigt ein verringertes Wohlbefinden, unter anderem erkennbar an angelegten Ohren, Leistungsschwäche, Unruhe, Schweifschlagen und Rückenproblemen. Es ist mehrfach der Fall, dass in dieser Phase versucht wird, das Pferd über diese ,,Unwilligkeit‘‘ hinwegzureiten, anstatt ihm eine Pause zu gönnen. Somit geht es fließend weiter in die nächste Phase.

Phase des Widerstandes

In dieser Phase werden die Warnsignale des Pferdes noch deutlicher und offensiver: Steigen, Buckeln, Beißen, Treten und totale Verweigerung. Es liegt aber am Menschen, diese Signale auch richtig zu deuten. Es existieren zwei Möglichkeiten, die das Pferd in die nächste Phase bringt: 1. Pferd leistet dauerhaft Widerstand. So lange, bis der Besitzer keinen Ausweg sieht und aufgibt. Das Pferd ist ,,unreitbar‘‘ geworden. 2. Das Pferd wird in seinem Charakter gebrochen. Sprich, es bekommt so lange eine gewaltvolle Gegenantwort vom Besitzer, bis es in Demütigung verfällt. Es hat den Spaß an der Arbeit verloren.

Phase der Erschöpfung

Die Anzeichen, dass das Pferd diese Phase erreicht hat, sind Kraftlosigkeit, Magengeschwüre, Lahmheiten, dauerhafte Müdigkeit, soziale Apathie bis hin zu Verhaltensstörungen wie Koppen und Weben. Ein kurzes Ausspannen beziehungsweise eine kleine Pause wären absolut von Nöten. Wissenschaftler nennen es ,,Learned Helplessness‘‘ (erlernte Hilflosigkeit), eine innere Haltung, die ausschließlich bei Pferden auftritt, die durch Strafe ausgebildet wurden oder ihr Verhalten keinen Einfluss auf den Reiter hat. 

Die letzte Phase ist nicht unfern:

Resignationsphase

Es fehlt an Energie, das Pferd nimmt nicht mehr wirklich am Leben teil. Andere beschreiben diese Phase auch als ,,absoluten Gehorsam‘‘. Das Stress-System des Pferdes ist nicht darauf ausgelegt, dauerhaft Kortisol auszuschütten. Sind die Pferde besonders lange intensivem Stress ausgesetzt, sinkt der Kortisol Spiegel. Es kommt zum Zusammenbruch des Stress-Systems, das dafür verantwortlich ist, dass das Pferd teilnahmslos, abgestumpft und depressiv ist. Magengeschwüre, Durchfall, Kotwasser, Kolik, Atemwegserkrankungen, Erkrankungen des Stoffwechsels, Allergien sind mögliche Folgekrankheiten des Burnouts.

Mit Freude an der Arbeit

Um diesen Zustand wieder herstellen zu können, bedarf es viel Zeit und Geduld. Eine artgerechte Haltung ist das A und O. Pferde, die täglich für mehrere Stunden auf die Weide dürfen, zeigen deutlich weniger Verhaltensauffälligkeiten, sie sind zufriedener. Auch eine naturnahe Fütterung sollte angestrebt werden. Entspannungsmethoden, Bodenarbeit, Spazieren im Gelände sind geeignete Methoden für eine Aufbauphase, um das Pferd nicht zu überfordern und es auf andere Gedanken zubringen. Akupunktur und das Lösen der Muskelverspannungen sind ebenfalls hilfreich. Phytotherapeutisch kann das Stresslevel durch Kräuter wie beispielsweise Melissenblätter, Pfingstrosenwurzel, Johanniskraut und auch B-Vitamine aus Bierhefe eine gute Möglichkeit darstellen, um für schnellere Entspannung zu sorgen. Kann nach der Aufbauphase das Training wieder aufgenommen werden, sollten neben einer passenden Ausrüstung, einer alters- und leistungsangepassten, abwechslungsreichen Ausbildung auch Entspannungs- und Regenerationsphasen auf dem Plan stehen. ,,Ausbildung darf immer nur Verfeinerung und Vervollkommnung der Natur darstellen. Wird diese Natur auch nur im Geringsten vergewaltigt, verliert sie ihren durch nichts zu ersetzenden Stellenwert. Wer einem so stolzen, herrlichen Geschöpf dieser Schöpfung seinen Adel nimmt, degradiert es – und gleichzeitig sich selbst als Mensch.‘‘ (Kurt Albrecht)

Was ist Kortisol?  


Kortisol ist auch als Stress-Hormon bekannt. Dieses körpereigene Hormon wird in der Nebennierenrinde gebildet und vor allem dann ausgeschüttet, wenn das Pferd unter akutem Stress steht. Bei chronischem Stress jedoch kommt es genau umgekehrt und der Cortisol-Spiegel ist extrem niedrig.