Warum sind Würmer besser als ihr Ruf?
Ein Befall mit Würmern wird häufig als Problem gesehen und die Angst davor ist groß, doch neue wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen, dass die ungeliebten Mitbewohner bisher unbekannte Vorteile mit sich bringen.
Wir Menschen leben bereits seit Beginn unseres Daseins, also seit rund 200.000 Jahren, mit Würmern zusammen. Unser Immunsystem hat sich in dieser Zeit an die Tatsache gewöhnt, dass wir im Regelfall, wie alle anderen Säugetiere auch, Würmer in unserem Verdauungstrakt beherbergen. Vor noch etwa Hundert Jahren dürften die meisten Kinder in Deutschland Würmer gehabt haben.
In unserer heutigen Welt haben wir die Würmer durch bessere Hygiene, sauberes Essen und Trinkwasser sowie Medikamente weitestgehend eliminiert, sodass die Konfrontation mit Würmern in Gesellschaften mit einem entsprechend hohen Lebensstandard sehr selten geworden ist.
Gleichzeitig mit den gehobeneren Hygienebedingungen stieg auch die Häufigkeit von Autoimmunerkrankungen und Allergien. Interessanterweise kommen in Entwicklungsländern, wo auch heute noch fast alle Kinder mit Darmparasiten infiziert sind, Autoimmunerkrankungen und Allergien kaum vor.[1]
Wie kommt der Zusammenhang zustande?
Bei einer Infektion mit Würmern reagiert unser Immunsystem mit einer Typ-2-Antwort, um dem Parasiten das Leben und die Vermehrung zu erschweren. Die gleiche Immunreaktion ist auch bei Autoimmunerkrankungen und Allergien aktiv, richtet sich hier allerdings gegen körpereigene bzw. körperfremde Stoffe.[2] Vereinfacht gesagt: sind keine Würmer vorhanden, ist das Immunsystem irritiert und sucht sich andere Ziele.
Damit Würmer in unserem Verdauungstrakt überleben können, beeinflussen sie gezielt unser Immunsystem. Die gegen sie gerichtete Entzündungsreaktion wird herabreguliert, was wieder rum andere entzündliche Prozesse im Körper positiv beeinflusst. Das spiegelt sich auch in der Darmflora wider: Die Parasiten fördern das Wachstum der als „probiotisch“ eingestuften Bakterien und drängen parallel dazu entzündungsfördernde Keime zurück.[3]
In einigen Studien wurde die Zusammensetzung des Darmmikrobioms von Menschen mit und ohne Wurminfektion verglichen. Die Menschen mit einer Wurminfektion wiesen einen größeren Artenreichtum der Bakterienkulturen auf.[4] Der gleiche Effekt konnte bei Wildmäusen nachgewiesen werden.[5] Somit sind einige Wurmarten in der Lage, die Balance im Mikrobiom aufrecht zu erhalten. Dabei gilt: je größer die Vielfalt der Darmbakterien, desto gesünder der Darm.
Allerdings sollte beachtet werden, dass die positiven Effekte nicht für alle Wurmarten gelten und einige (z.B. Fuchsbandwurm) einen größeren Schaden als Nutzen mit sich bringen können. Eine übermäßige Infektion stellt generell ein Problem für den Wirt dar, unabhängig von der Wurmart.
Liegt ein Ungleichgewicht in der Darflora vor (z.B. durch häufige Antibiotika-Gabe, andere Erkrankungen, falsche Fütterung) kann das Immunsystem dem Wurmbefall nur noch schwer entgegensteuern, sodass es zu einer übermäßigen Vermehrung der Würmer kommen kann, welche langfristig auch gesundheitliche Folgen mit sich bringen kann. Symptome, die mit einem übermäßigen Wurmbefall zusammenhängen können, sind:
- Durchfall/schleimiger Kot
- Blut im Kot
- Verstopfung/Darmverschluss
- Appetitlosigkeit
- Gewichtsverlust
- Schlittenfahren (Juckreiz am Anus)
- Erbrechen
- Anämie
- Haut- und Fellveränderungen
Wurm-Monitoring für die selektive Entwurmung
Die Kotuntersuchung ist eine gängige Methode, um festzustellen, ob ein Befall mit Darmparasiten vorliegt und wie ausgeprägt dieser ist. Dazu sollten Kotproben an 3 aufeinanderfolgenden Tagen gesammelt werden. Würmer scheiden nicht durchgehend Eier aus, daher ist die Chance auf diese Weise größer, welche zu finden, falls sie vorhanden sind. Die Probe wird dann vermengt und mikroskopisch auf das Vorhandensein von Wurmeiern, Larven oder anderen parasitären Anzeichen untersucht. So kann mittels spezieller Verfahren die Einzahl pro Gramm Kot erfasst werden. Nur wenn ein gesundheitsschädlicher Besatz nachgewiesen wird, wird eine gezielte Entwurmung durchgeführt. Falls die Notwendigkeit einer Wurmkur besteht, können mithilfe eines Eizahlreduktionstests vorhandene Resistenzen ermittelt werden, um ein wirkungsvolles Präparat für die Behandlung auszuwählen. Falls keine Wurmeier gefunden werden, oder der Bestz nur geringfügig ist, erfolgt keine Entwurmung.
Ein konsequentes Parasiten-Monitoring sollte eine grundlegende Voraussetzung für eine Behandlung mit einem als Arzneimittel zugelassenen Antiparasitikum sein, um das mit der Verwendung von Antiparasitika verbundene Risiko für Mensch, Tier und belebte Umwelt so gering wie möglich zu halten.
Warum bedarfsorientierte Anthelminthikagabe notwendig ist
Immunkompetente Tiere sind in der Lage einen Wurmbefall zu kompensieren. Damit das Immunsystem das bewerkstelligen kann, braucht es allerdings Training. Das Immunsystem ist in der Lage den Umgang mit Würmern zu lernen, aber nur wenn man es lässt. Die Würmer machen den Tieren dann nichts aus und es können keine klinischen Symptome beobachtet werden. Es ist nicht im Interesse des Parasiten den Wirt dauerhaft zu schädigen, schließlich stellt sein Wirtstier seine Lebensgrundlage dar, wo er bestenfalls möglichst lange verweilen kann.
Auch die Auswirkungen der anthelminthischen Präparate auf den Organismus des behandelten Tieres sollten berücksichtigt werden. Die klassischen Antiparasitika enthalten Neurotoxine (Nervengifte), die für eine Lähmung oder Tötung der Parasiten im Darm sorgen, damit diese ausgeschieden werden können. Bei einem Blick auf die Liste der Nebenwirkungen einer Wurmkur wird schnell klar, dass diese Stoffe auch am Organismus des behandelten Tieres nicht spurlos vorbeigehen. Über den Darm gelangen die chemischen Verbindungen in die Blutbahn und von da aus in das Fettgewebe, was zu einer Belastung der Leber und Nieren führt. Einige Nervengifte sind sogar imstande die Blut-Hirn-Schranke zu passieren, welche das zentrale Nervensystem vor schädlichen Einflüssen schützt. Vor allem Hütehunde und ihre nahen Verwandten mit vorliegendem MDR1-Defekt sind gefährdet. Bei ihnen kann es bereits bei einer indirekten Aufnahme des Entwurmungspräparates (z.B. durch das Kotfressen eines behandelten Pferdes) zu Vergiftungserscheinungen mit Todesfolge kommen. Wird eine Wurmkur verabreicht, obwohl kein Wurmbefall vorliegt, konnte in Studien an Mäusen gezeigt werden, dass die Medikamente zu Verschiebungen der Darmmikrobiota führen und die Gemeinschaftsstruktur der Bakterienkulturen verändern. [6]
Ähnlich wie bei dem bekannten Problem der Resistenzentwicklung gegen Antibiotika gibt es auch bei Entwurmungsmitteln eine erschreckend große und zunehmende Resistenzentwicklung. In der Nutztierhaltung sind bereits jetzt die Folgen spürbar: In einigen Regionen sind multiresistente Parasiten ein stark wachsendes Problem, welches die globale Ernährungssicherheit bedroht.[7] Ein breiter Einsatz aller auf dem Markt verfügbaren Wirkstoffe führt zusätzlich zu einer Selektion natürlich vorkommender Resistenzgene innerhalb der Parasitenpopulationen.
Die Ursache liegt dabei vor allem in der bisher gängigen Entwurmungspraxis, der „blinden“ Entwurmung.
Der Umgang mit Wurmkuren in Deutschland
In der Hobbytierhaltung ist die Nutzung von chemischen Anthelminthika ein Selbstläufer. Tierbestizer ekeln sich vor Würmern, besonders vor der Gefahr einer Selbstinfektion. Das vom Tierhalter empfundene Risiko steht dabei in keinem Verhältnis zur tatsächlichen Gefahr, die von den Parasiten ausgeht. Nicht verwunderlich also, dass Antiparasitika weltweit gesehen den größten Teil der Umsätze bei Tierarzneimitteln ausmachen[8].
Laut aktuellem Stand empfiehlt die unabhängige veterinärparasitologische Organisation ESCCAP Welpen schon im Alter von 2 Wochen das erste Mal zu entwurmen. Bis zum Absetzen der Muttermilch sollten insgesamt 3 Entwurmungen erfolgt sein.[9] Das Problem dabei: Während dieser Zeit befindet sich das Immunsystem im Aufbau. Wenn der Körper mit Antigenen (z.B. Viren, Pilze, Würmer) in Kontakt kommt, werden Antikörper gebildet, die es dem Immunsystem ermöglichen, bei einem erneuten Kontakt mit dem Antigen schnelle Gegenmaßnahmen einzuleiten. Die Infektion der Welpen mit Spulwürmern findet vor allem über die Muttermilch statt. Darin sind jedoch auch Antikörper der Mutter enthalten, die den Welpen bei einer Infektion schützen. Damit ist der Welpe von Natur aus auf den Kontakt mit Endoparasiten vorbereitet. Mit einer derart häufigen Entwurmung wird dem Immunsystem nicht nur die Möglichkeit genommen, ein immunologisches Gedächtnis zu entwickeln, sondern sie führt auch beim erwachsenen Tier noch zu Schwierigkeiten im Abwehrmechanismus von parasitären Infektionen.
Viele Tierbesitzer führen beim erwachsenen Tier einmal pro Quartal, also ca. vier Mal im Jahr eine Entwurmung durch und das ohne eine vorhergehende Untersuchung, oder anschließende Erfolgskontrolle. Das Medikament wird also blind verabreicht. Dieser inflationäre Gebrauch ist in anderen Ländern, wie z.B. Dänemark, bereits gesetzlich verboten.
Wie man den Bedarf an chemischen Wurmkuren senken kann
Das beste Mittel im Kampf gegen Würmer ist ein funktionierendes Immunsystem und dieses befindet sich zu ca. 70% im Darm. Allein durch eine Optimierung der Darm- und Stoffwechselgesundheit, kann der Bedarf an Antiparasitika stark reduziert werden.
Außerdem spielen sekundäre Pflanzenstoffe (z.B. Bitter- und Gerbstoffe) aufgrund ihrer wurmfeindlichen Eigenschaften eine große Rolle bei der Prävention eines übermäßigen Wurmbefalls.[10] Bei freiem Zugang wählen Tiere mit Wurmbefall instinktiv Kräuter mit einem hohen Anteil an sekundären Pflanzenstoffen, wie eine Studie an Lämmern mit einer gastrointestinalen Nematodeninfektion zeigt.[11]
Allerdings haben unsere Haustiere keine Möglichkeit auf bestimmte Kräuter zurückzugreifen, sondern sind gänzlich auf unsere Futterauswahl angewiesen, die leider im Durchschnitt viel zu wenig sekundäre Pflanzenstoffe enthält.
Die Bedeutung von sekundären Pflanzenstoffen
Sekundäre Pflanzenstoffe sind bioaktive Verbindungen, die in Pflanzen vorkommen und diesen Schutz vor Krankheiten und Fraßfeinden bieten. Einige dieser Stoffe können auch positive Auswirkungen auf die Darmflora haben. So zum Beispiel Inulin (u.a. enthalten in Löwenzahn) und Polyphenole (u.a. enthalten in Oregano) fördern das Wachstum und die Aktivität von probiotischen Bakterien im Darm. Weitere Kräuter mit wurmfeindlichen Qualitäten sind zum Beispiel Wermut, Walnuss, Thymian und Koriander. Die Gruppe der Polyphenole ist außerdem bekannt für ihre antioxidativen Eigenschaften. So können sie dazu beitragen, oxidative Schäden im Darm zu reduzieren und somit die Gesundheit der Darmzellen zu unterstützen. Außerdem wird durch entzündungshemmende Eigenschaften die Darmflora positiv beeinflusst, sodass das mirkobielle Gleichgewicht aufrechterhalten werden kann. Insgesamt tragen die Stoffe so zu einer gesunden Darmflora bei.
Eine besondere Unterstützung für das Immunsystem bietet das im Bienenharz enthaltene Propolis. Es dämmt nicht nur Krankheitserreger ein, sondern fördert auch die körpereigenen Abwehrkräfte.
Wilde Kräuter mit Bitter-, Gerb- und Vitalstoffen zur Futterergänzung
Hund
· cdProtect Dog forte (Pulver) → mit Kürbiskernen, Möhrentrester, Walnussblättern, Hagebuttenfrüchten, Eschenrinde, Kokosraspeln, Korianderfrüchten, Bärlauchkraut, Eberrautenkraut, Thymianblättern, Löwenzahnkraut, Löwenzahnwurzeln, Zitronenmelissenblättern, Wermutkraut, Grapefruitkernextrakt und Oregano
· cdProtect Dog forte+ (Pulver) → cdProtect Dog forte ohne Grapefruitkernextrakt
· cdProtect Dog (Kapseln) → mit Wermut, Nelken und Walnuss
Katze
· cdProtect Cat (Pulver)/ cdProtect Cat (Kapseln) → mit Torf, Kamala, Wurmfarnkraut, Kürbiskernen, Wacholderbeeren, Bärlauchblättern und Kieselgur
· cdProtect Cat forte (Kapseln) → mit Propolis, Torf, Kürbiskernen und Wurmfarnkraut
Pferd
· EquiGreen WK-Mix → mit Kürbiskernen, Möhrentrester, Walnussblättern, Hagebuttenfrüchten, Eschenrinde, Kokosraspeln, Korianderfrüchten, Bärlauchkraut, Eberrautenkraut, Thymianblättern, Löwenzahnkraut, Löwenzahnwurzel, Zitronenmelissenblättern, Wermutkraut, Grapefruitkernextrakt und Oregano
· Leckstein Wilde Kräuter → mit Meersalz, Kürbiskernen, Walnussblättern, Wurmfarnkraut, Eberrautenkraut, Löwenzahnwurzel, Bärlauchkraut und Koriander
Wiederkäuer, Esel, Schweine, Geflügel
· priVet WK-Mix → mit Kürbiskernen, Möhrentrester, Walnussblättern, Hagebuttenfrüchten, Eschenrinde, Kokosraspeln, Korianderfrüchten, Bärlauchkraut, Eberrautenkraut, Thymianblättern, Löwenzahnkraut, Löwenzahnwurzel, Zitronenmelissenblättern, Wermutkraut, Grapefruitkernextrakt und Oregano
Wenn der Stoffwechsel aus dem Gleichgewicht geraten oder eine Behandlung mit einer chemischen Wurmkur erfolgt ist, ist es empfehlenswert, das Darmmilieu bei der Regeneration zu unterstützen. Weitere Informationen zur natürlichen Darmsanierung und Entgiftung finden Sie hier.
[1]
https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2004/daz-24-2004/uid-12063
(10.01.2024 14:00 Uhr)
[2] https://tu-dresden.de/forschung-transfer/news/das-immunologische-waffenarsenal-im-kampf-gegen-wuermer-unerwartete-bedeutung-in-zentralen-bereichen-der-medizin
[3] https://www.wissenschaft-aktuell.de/artikel/Nuetzliche_Parasiten__Wie_Wuermer_Darmentzuendungen_verhindern1771015590108.html#:~:text=Amerikanische%20Mediziner%20haben%20jetzt%20herausgefunden,Keimzahlen%20zweier%20Gruppen%20von%20Darmbakterien
[6] https://academic.oup.com/jid/advance-article-abstract/doi/10.1093/infdis/jiad547/7456363?login=false